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Konsortialtreffen des Norddeutschen Reallabors – Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft für die Energiewende

Beim diesjährigen Konsortialtreffen der Energiewende-Allianz stand der dringend notwendige Hochlauf von grünem Wasserstoff im Fokus: Vertreter*innen aus Industrie, Wissenschaft und Politik diskutierten, was ihn noch ausbremst und wie er sich beschleunigen lässt.

Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte Verbundprojekt NRL befindet sich seit diesem Jahr in seiner entscheidenden Umsetzungsphase: Erste Referenzanlagen gehen in Betrieb und zeigen, wie energieintensive Bereiche wie die Wärmeversorgung, der Mobilitätssektor und die regionale Großindustrie defossilisiert werden können. Bis zu 350.000 Tonnen CO2 pro Jahr wollen die Projektpartner durch die im Rahmen des NRL realisierten Anlagen einsparen – und gleichzeitig demonstrieren, dass effizienter Klimaschutz mit wirtschaftlichen Perspektiven vereinbar ist.

Energiepolitischer Auftakt mit norddeutschen Landesregierungen

Unter dem Titel „Wege zur Wasserstoffwirtschaft“ kamen beim diesjährigen Konsortialtreffen, das am 29. August im Hamburger Hotel Gastwerk stattfand, rund 100 Teilnehmende aus Energiewirtschaft, Industrie und Verwaltung zusammen – darunter auch die Entwicklungsgesellschaft Westholstein (egw) als assoziierter Partner des Norddeutschen Reallabors.

Den Auftakt der Veranstaltung bildeten Redebeiträge von Vertreter*innen der am NRL beteiligten Landesregierungen: Hamburgs Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard sprach über die Rolle Hamburgs als Wasserstoffmetropole und die Industrie auf dem Weg zur Transformation. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer stellte die Energiewende als entscheidenden Wirtschaftsfaktor für sein Bundesland dar. Schleswig-Holsteins Staatssekretär im Umweltministerium Joschka Knuth sendete ein Videogrußwort. In der anschließenden Podiumsdiskussion debattierten Wirtschaftsminister Meyer, Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan, Detlev Wösten als Geschäftsführer der H&R Ölwerke Schindler GmbH sowie Christian Heine als Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke GmbH über die Frage, was der Norden jetzt für einen schnellen Wasserstoff-Markthochlauf braucht und inwiefern dieser noch eher Wunsch als Wirklichkeit ist.

Klimakrise erfordert schnelle industrielle Transformation

Nach überstandener Coronakrise und Energiekrise erhofft sich die deutsche Wirtschaft nun starke Impulse aus der Politik, damit die Transformation zur Klimaneutralität gelingen kann. Deren Dringlichkeit zeigte sich in den vergangenen Wochen und Monaten einmal mehr anhand extremer Wetterereignisse.

Mike Blicker, NRL-Projektkoordinator: „Aktuelle Klimastudien bekräftigen die Notwendigkeit, die Energiewende deutlich zu beschleunigen und dazu alle Verbrauchssektoren möglichst schnell zu defossiliseren. Der Wasserstoffwirtschaft kommt dafür eine zentrale Rolle zu. Pilotprojekte wie das Norddeutsche Reallabor, in denen innovative grüne Technologien unter echten Bedingungen erprobt werden, liefern wichtige Impulse für die nächsten konkreten Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität.“

NRL-Meilensteine: Erste Elektrolyseure & Deutschlands größtes Industriewärmeprojekt

In den vergangenen Monaten wurden bei den Projektpartnern des Norddeutschen Reallabors wichtige Meilensteine erreicht:

  • Mitte August wurde der erste im Rahmen des NRL geförderte Elektrolyseur bei der StadtreinigungHamburg angeliefert. Er soll im Kompostwerk Bützberg eingesetzt werden, um grünen Wasserstoff in der Bioabfallvergärung zu nutzen und so die Ausbeute an Biogas zu steigern. Die Anlage mit 1,1 MW Leistung wird voraussichtlich Ende des Jahres in Betrieb gehen. Der größte Elektrolyseur im NRL wird nach derzeitigem Stand eine Leistung von 25 MW haben. Er wird von der HAzwei GmbH im Hamburger Hafen geplant. Der dort erzeugte Wasserstoff soll insbesondere bei NRL-Partner HOLBORN zum Einsatz kommen und dessen Weg zur grünen Raffinerie unterstützen.
  • Während eines geplanten Wartungsstillstands hat Multimetall-Produzent Aurubis seine Anodenöfen, eine zentrale Technologie in der Kupferraffination, gegen Öfen getauscht, die „H2-ready“ sind. Sie können also statt Erdgas auch Wasserstoff als Energieträger einsetzen. Dann fällt bei der Kupferreduktion statt Kohlendioxid lediglich Wasserdampf als Nebenprodukt an – ein wichtiger Schritt in der Dekarbonisierung der Metallproduktion. Bei vollständigem Einsatz von Wasserstoff als Reduktionsmittel kann das Unternehmen am Standort Hamburg rund 5.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.  
  • Nach dem Wartungsstillstand bei Aurubis steht auch Deutschlands größtes industrielles Abwärmeprojekt kurz vor dem Anschluss. Ab der kommenden Heizperiode 2024/25 können insgesamt bis zu 28.000 Hamburger Haushalte mit CO2-freier Abwärme von Aurubis versorgt werden. Bereits seit Mitte April speist die Müllverwertungsanlage Borsigstraße zusätzlich 350.000 MWh Abwärme in das Hamburger Fernwärmenetz ein, ermöglicht durch den Einsatz von drei dampfbetriebenen Absorptionswärmepumpen. So können ohne den Einsatz von zusätzlichem Brennstoff weitere rund 35.000 Haushalte mit Wärme versorgt werden. Beide Vorhaben sind assoziierte Projekte des Norddeutschen Reallabors und sparen fortan große Mengen CO2 in der städtischen Wärmeversorgung ein.
  • Im Frühjahr starteten die Transformation Labs des Norddeutschen Reallabors, eine Veranstaltungsreihe, die Energiewendeakteure zusammenbringt, um über die Treiber und Hemmnisse für den Einsatz innovativer Energiewende-Technologien zu diskutieren. Forschende des Competence Centers für Erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg entwickeln auf Basis dieser Diskussionen qualitative Szenarien für den Markthochlauf.

Wasserstoffmarkt kommt in Bewegung

Auch im Umfeld des NRL ist die Energiebranche derzeit stark in Bewegung: Die Planungen des Wasserstoff-Kernnetzes konkretisieren sich, eine Reihe von großskaligen IPCEI-Projekten (Important Projects of Common European Interest) hat kürzlich Fördermittelbescheide erhalten und die Bundesnetzagentur hat die Anpassung der nicht mehr zeitgemäßen Netzentgeltsystematik angestoßen, die sich auch auf die lokale Wasserstoffproduktion auswirken könnte. Allerdings zeigt die Pilot-Auktion der European Hydrogen Bank, bei der kein deutsches Gebot erfolgreich war, dass hierzulande noch erheblicher Nachholbedarf bei den Rahmenbedingungen für grünen Wasserstoff besteht.

Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft steht also an einem Scheideweg zwischen ambitionierten Zielen und realen Herausforderungen. Mit seiner klaren Ausrichtung auf Innovation und Kooperation setzt das Norddeutsche Reallabor wichtige Akzente, um den Aufbau einer nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft in Norddeutschland voranzutreiben und die Energiewende erfolgreich zu gestalten.

Bildunterschrift: (vlnr): Detlev Wösten, Projektkoordinator Mike Blicker, Umweltsenator Jens Kerstan, Wirtschaftssenatorin Dr. Leonhard, Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, Matthias Boxberger, Christian Heine

© Gregor Fischer/NRL

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